Du bist mir genug – so wie Du bist!

Andacht zum 11. Sonntag nach Trinitatis
Jemand wäscht jemand anderem die Füße.

Die Autorin

Eine junge Frau mit schulterlangen braunen Haaren und Brille lächelt in die Kamera.
Bild: privat
Friederike Nippert

Friederike Nippert studiert Deutsch und Evangelische Theologie auf Lehramt und ist Praktikantin bei der Evangelischen Medienarbeit (EMA).

Sich selbst mit anderen vergleichen – wer kennt das nicht? Man läuft durch die Stadt, sitzt in der Bahn oder im Büro und beobachtet seine Mitmenschen. Was sie tragen, wie sie reden, wie sie aussehen, ob sie allein sind oder in Gesellschaft. Vielleicht beobachten wir nur; vielleicht stellen wir sie uns selbst gegenüber; vielleicht glauben wir sogar, ihr Verhalten bewerten zu können.

Ganz ähnlich handelt der Pharisäer, von dem der Evangelist Lukas im Predigttext für diesen Sonntag erzählt. Er lädt Jesus zu sich ein, weil er sich sicher ist, einem solchen Besuch würdig zu sein. Als Jesus bei ihm ist, kommt diese Frau – eine Sünderin – die Jesu Füße wäscht und salbt. Weshalb sie eine Sünderin ist, wird nicht erzählt. Es reicht zu wissen, dass sie etwas gemacht hat, das ihr Verhältnis zu Gott belastet. Mit nur einem kurzen bewertenden Blick ist der Pharisäer gewiss: Er ist viel besser als diese Frau – sie ist ja nur eine Sünderin. Er fühlt sich durch ihre Anwesenheit gestört. Sie stört ihn so sehr, dass er zweifelt: „Wenn dieser ein Prophet wäre, so wüsste er, wer und was für eine Frau das ist“

Jesus aber zeigt, dass die Unterschiede, die der Pharisäer zwischen sich und der Sünderin zu kennen glaubt, in einer entscheidenden Gemeinsamkeit absolut bedeutungslos werden: Vollkommen unabhängig davon, ob die eigene Schuld groß oder klein ist, sind beide vor Gott nicht mehr in der Lage, sie begleichen zu können. Beide sind auf Gottes Gnade und Erlösung angewiesen, die sie in dem Glauben an Jesus Christus finden. Er antwortet der Frau, die weinend und demütig zu seinen Füßen sitzt: „Dein Glaube hat dich gerettet“. All die Taten und der Eifer des Pharisäers sind nicht von Bedeutung, denn diese Erlösung kann nicht verdient werden – sie ist ein Geschenk. Eines, das Gott allen denen schenkt, die ihr Vertrauen in Jesus Christus setzen. Ein Geschenk, dass seine Erfüllung darin findet, dass Jesus für uns am Kreuz gestorben ist.

All den Vergleichen, dem Zweifel und unseren Unsicherheiten zum Trotz wissen wir, dass dort jemand ist, dem unser Glauben reicht. Jemand, der keinen Reichtum und kein Geld verlangt, kein kostbares Essen am eigenen Tisch. Jemand, der allein aus Gnade und bedingungsloser Liebe sagt: Du bist mir genug, so wie du bist!

Amen.

Die Autorin

Eine junge Frau mit schulterlangen braunen Haaren und Brille lächelt in die Kamera.
Bild: privat
Friederike Nippert

Friederike Nippert studiert Deutsch und Evangelische Theologie auf Lehramt und ist Praktikantin bei der Evangelischen Medienarbeit (EMA).

Predigttext,
Lukasevangelium 7,36–50
Es bat ihn aber einer der Pharisäer, mit ihm zu essen. Und er ging hinein in das Haus des Pharisäers und setzte sich zu Tisch. Und siehe, eine Frau war in der Stadt, die war eine Sünderin. Als die vernahm, dass er zu Tisch saß im Haus des Pharisäers, brachte sie ein Alabastergefäß mit Salböl und trat von hinten zu seinen Füßen, weinte und fing an, seine Füße mit Tränen zu netzen und mit den Haaren ihres Hauptes zu trocknen, und küsste seine Füße und salbte sie mit dem Salböl. Da aber das der Pharisäer sah, der ihn eingeladen hatte, sprach er bei sich selbst und sagte: Wenn dieser ein Prophet wäre, so wüsste er, wer und was für eine Frau das ist, die ihn anrührt; denn sie ist eine Sünderin. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Simon, ich habe dir etwas zu sagen. Er aber sprach: Meister, sag es! Ein Gläubiger hatte zwei Schuldner. Einer war fünfhundert Silbergroschen schuldig, der andere fünfzig. Da sie aber nicht bezahlen konnten, schenkte er’s beiden. Wer von ihnen wird ihn mehr lieben? Simon antwortete und sprach: Ich denke, der, dem er mehr geschenkt hat. Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geurteilt. Und er wandte sich zu der Frau und sprach zu Simon: Siehst du diese Frau? Ich bin in dein Haus gekommen; du hast mir kein Wasser für meine Füße gegeben; diese aber hat meine Füße mit Tränen genetzt und mit ihren Haaren getrocknet. Du hast mir keinen Kuss gegeben; diese aber hat, seit ich hereingekommen bin, nicht abgelassen, meine Füße zu küssen. Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt; sie aber hat meine Füße mit Salböl gesalbt. Deshalb sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel geliebt; wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig. Und er sprach zu ihr: Dir sind deine Sünden vergeben. Da fingen die an, die mit zu Tisch saßen, und sprachen bei sich selbst: Wer ist dieser, der auch Sünden vergibt? Er aber sprach zu der Frau: Dein Glaube hat dir geholfen; geh hin in Frieden!
Friederike Nippert