Getragen und sicher durchs Leben gehen – das sagt uns Gott zu

Andacht zum 20. Sonntag nach Trinitatis
Zwei Steinkugeln, die aufeinanderstehen, auf braunem Sand, unter einem vermutlich metallernen Bogen. Das Licht wird nach oben immer heller.

Der Autor

Jakob Kampermann
Bild: privat
Jakob Kampermann

Jakob Kampermann ist Pastor und Mitglied der Evangelischen Medienarbeit (EMA) der Landeskirche Hannovers.

Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie Dich behüten auf all Deinen Wegen, dass sie Dich auf Händen tragen, damit Du mit Deinem Fuß nicht gegen einen Stein stößt.

Dieser Bibelvers ist ein oft gewählter Taufspruch und ziemlich extrem. Er drückt wohl das aus, was Eltern ihren Kindern wünschen. Keine Frage. Er drückt wahrscheinlich auch aus, was alle Menschen ihren Lieben und letztlich auch sich selbst wünschen. Getragen, sicher und ohne Anstoß zu leben... 

Aber das wissen wir, die wir schon ein paar Jahre älter sind: Den Lebensweg, auf dem keine Steine liegen, oder auf dem alle Stolpersteine zu umgehen wären, den gibt es nicht. So drückt dieser Vers mit den tragenden und schützenden Engeln einen ganz ernst gemeinten Wunsch aus. Aber drückt er auch eine Wirklichkeit aus?

Gott besiegelt in der Taufe eine Beziehung mit dem Täufling. Gott mit ihm. Er mit Gott. Die Taufe ist der Grundstein für den Glauben. Dafür, Gott zu vertrauen. Darauf zu vertrauen, dass Gott es gut mit mir meint.

Was ändert sich eigentlich für den Getauften, wenn er mit unserer Hilfe ein lebendiges Mitglied in der Kirche von Jesus Christus bleibt? Wenn er christlichen Glauben kennenlernt und selbst glauben lernt und glauben kann? 

Dahinter steht die Frage: Was trägt ihn? Was trägt mich? Was trägt uns? Wenn alle Stricke reißen. Wenn das Eis dünn und brüchig wird. Wenn der Boden unter den Füßen zu wanken beginnt? Wenn sich plötzlich die Erde auftut und ein riesiger Schlund alles zu verschlucken droht? Wenn die Wellen hochschlagen und die Wassermassen Dich verschlingen?

Solche Situationen gibt es doch in jedem Leben. Das passiert ja auch gläubigen Christenmenschen. Das ist Jesus Christus passiert.

Zu glauben bedeutet, mit Gott in einer Beziehung zu stehen. Gott mit mir. Ich mit Gott. Zu glauben bedeutet, Gott zu vertrauen. Darauf zu vertrauen, dass Gott es gut mit mir meint. Wer glaubt, sieht in seinem eigenen Leben nicht ein stumpfes Dahinexistieren, sondern ein sinnvolles Dasein. Weil Gott „ja“ zu mir sagt. Wer glaubt, der weiß, dass Gott alles möglich ist. Und der erwartet alles Mögliche aus Gottes Hand. Eben nicht von sich selbst. Wer glaubt, muss gar nicht selbst alles schaffen und leisten.

So wird dem, der glaubt, auch das Unmögliche möglich. Nämlich auch Angst auszuhalten. Misserfolge auszuhalten. Sogar das Misslingen gelingt. 

Ein glaubendes Leben bleibt davon nicht verschont. Da gibt es Angst, Liebeskummer, Krankheit, Tod, Verlust, Schuld. Daran ändert sich nichts. Und gleichzeitig ändert sich alles.

Weil das Vertrauen in Gott und das Rechnen mit diesem Gott den Blick auf die erlebte Wirklichkeit verändern. Das Erleben der Wirklichkeit verändert sich. Die Wirklichkeit verändert sich.

Ich erinnere mich an eine Einladung von dem Landesblindenpfarrer, Andreas Chrzanowski, in eine Gruppe von Blinden, Sehbehinderten und deren Angehörigen, die sich seit Jahren monatlich in Hannover traf. Er bat mich, mit dieser Gruppe über christlichen Glauben und Leben mit einer Behinderung zu reden. Dabei kamen natürlich auch Lebensgeschichten und Lebenserfahrungen dieser Menschen zur Sprache.

Eine ältere Frau erzählte von ihrem Sohn, der nach einem Verkehrsunfall reanimiert werden musste und seitdem mehrfach behindert war. Zum einen konnte sie berichten von Menschen, die sich lautstark wunderten, dass sie mit so einem Kind in der Öffentlichkeit unterwegs war. Und sie erzählte, dass die Ärztin, die die Reanimation vorgenommen hatte, zwei Jahre nach dem Unfall bei ihr anrief und sagte, dass es ihr leidtue, dass sie jetzt mit diesem behinderten Kind leben müsste. Sie hätte es ja damals in der Hand gehabt, dass der Junge nicht mehr hätte leben müssen. 

Aber die Mutter war sich sicher: Dass ihr Junge wieder atmete, lag nicht an dieser Ärztin, sondern daran, dass Gott das Leben des Jungen wollte. 

Durch den Glauben ändert sich nichts. Und gleichzeitig ändert sich alles. Das hilft uns, in schweren Zeiten zu bestehen. Und das hat Bestand. Durch schwere Zeiten hindurch. Sogar über den Tod hinaus.

Gott wird Dich mit seinen Fittichen decken, und Zuflucht wirst Du haben unter seinen Flügeln.

Amen.

Der Autor

Jakob Kampermann
Bild: privat
Jakob Kampermann

Jakob Kampermann ist Pastor und Mitglied der Evangelischen Medienarbeit (EMA) der Landeskirche Hannovers.

Jakob Kampermann