Bloß nicht so religiös!

Andacht zum Drittletzten Sonntag des Kirchenjahres
Zwei Schüler sitzen in einem Klassenraum vor ihren Heften und lächeln sich an.

Der Autor

Ein Mann mit kurzen Haaren, Vollbart und Brille blickt in die Kamera.
Ralf Drewes

Ralf Drewes ist Pastor in der Nordstädter Kirchengemeinde in Hannover.

„Aber nicht so religiös“, sagten einige meiner Schüler, als sie hörten, dass ich im Radio mit Morgenandachten dran wäre. „Machen Sie es nur nicht so religiös“. Ja, was ist denn bloß religiös? „Das ist“, sagten die Schüler, „wenn Sie nur von Gott erzählen. Oder nur vom Himmel oder wie sündig wir alle sind.“ Darauf ein anderer: „Und sagen Sie ja nichts von Trost. ‚Gott ist unser Trost‘, oder so. Die Leute sind doch nicht alle depressiv. Es reicht, wenn Sie sagen, dass Sie Pastor sind.“

Religiös – was ist damit denn bloß? Ist das etwa gefährlich? Kommt das den Leuten so sehr nahe, dass sie Abstand wollen? Ja, manchmal wundere ich mich. Oder (ganz anderer Gedanke) vielleicht ist es so, dass sie dann nicht mehr vorkommen, die Leute, wenn es zu religiös wird. Ich meine, wenn das der Fall ist, kann ich mich nicht genug wundern. Jesus hat ja auch nicht vom Reich Gottes erzählt, indem er es beschrieb, als hätte es mit ihm selbst und mit unserem eigenen Leben nichts zu tun. Als wäre das nicht vergleichbar. Wie es da aussieht, wie es in diesem Reich Gottes zugeht, ob es da eine Post gäbe und man da auch zur Schule müsse. Er hat ganz anders erzählt. Jesus hat ganz Alltägliches aufgegriffen, ganz Banales – in den Gleichnissen. Ein Senfkorn, ein Sämann, ein Weinberg. Und daran hat er erklärt, was es von Gott zu sagen gibt.

So weit, so gut. Das alles kann man in Büchern lesen. Dafür braucht man kein Radio, genau genommen, kein Fernsehen oder Internet. „Es reicht, wenn Sie sagen, dass Sie Pastor sind“, sagten die Schüler. Dann ist es schon religiös genug, das, was es zu sagen gibt. „Wir verstehen das dann schon“, könnten die Jugendlichen auch gesagt haben. Was, wenn es so wäre? Dann hieße das für mich, dass ich vom Evangelium nicht reden kann, wie ein Klempner von den Vorzügen einer Mischbatterie redet. Es kommt auf mich an, dass ICH es sage. Das Evangelium ist für die Person, die es verkündet, nie sachlich, sondern immer persönlich. „Es reicht, wenn Sie sagen, dass Sie Pastor sind“, heißt vielleicht auch: Rede uns nicht von Gestalten des Glaubens. Du bist ja selbst eine.

Amen.

Der Autor

Ein Mann mit kurzen Haaren, Vollbart und Brille blickt in die Kamera.
Ralf Drewes

Ralf Drewes ist Pastor in der Nordstädter Kirchengemeinde in Hannover.

Biblischer Text,
Matthäusevangelium 28,18–20
Und Jesus trat herzu, redete mit ihnen und sprach: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
Ralf Drewes